Wie wird man Freimaurer? Viele glauben, Freimaurerlogen seien elitäre Zirkel für alte, reiche Männer. Und auch, dass man sich nicht selbst um eine Aufnahme bewerben könne, sondern im Geheimen erwählt werden müsse. Über diese hartnäckigen Gerüchte wollen wir im Folgenden aufklären.
Wer kann überhaupt Freimaurer werden?
Die Freimaurerei kennt viele unterschiedliche Lehrarten. Die Lehrart, der unserer Loge angehört, ist eine der weltweit verbreitetsten und geht auf die Londoner Konstitution von 1723 zurück: Darin heißt es, dass aufgenommen werden kann, wer ein freier Mann von gutem Rufe ist. Andere Lehrarten nehmen hingegen nur Frauen auf, stehen allen Geschlechtern offen oder haben nochmal spezifischere Kriterien.
Davon abgesehen sind wir sehr vielfältig zusammengesetzt, denn die Freimaurerei führt bewusst Menschen unterschiedlicher politischer Einstellung, sozialer Prägung und spiritueller Weltanschauung zusammen. Einige Mitglieder kommen aus der Arbeiterschaft, andere sind Akademiker oder Unternehmer. Die jüngsten sind Studenten um die 20, die ältesten 90-jährige Rentner. In der Loge begegnen sie einander als gleichwertige Mitbürger, Mitmenschen und Brüder.
Die ersten Kontakte
Unsere Loge veranstaltet monatlich den Augusta-Abend – einen unverbindlichen Debattierzirkel, in dem Freimaurer und Nicht-Freimaurer zusammenkommen. Er stellt eines der wenigen Foren in Göttingen dar, auf dem Männer unterschiedlicher Lebenswelten („soziale Blasen“) sich über gesellschaftspolitische, ethische oder philosophische Fragen austauschen können – gesittet, auf Augenhöhe und ohne Denkverbote. Wenn Sie gerne daran teilnehmen möchten, können Sie sich formlos unter redner@azgz.de anmelden.
Heutzutage wird oft das Schwinden einer respektvollen und freien Debattenkultur beklagt. Solch eine Kultur muss aber auch immer wieder geübt werden. Sollten Sie nach ein paar Malen die Lust an unserem Debattierzirkel verlieren, werden wir Sie keinesfalls behelligen. Hoffentlich finden Sie aber Gefallen an der freigeistigen Atmosphäre der Augusta-Abende. Verspüren Sie mit der Zeit auch darüber hinaus Interesse an der Freimaurerei, sollten Sie von sich aus einen der anwesenden Brüder auf eine Aufnahme in den Bund ansprechen. Einen genau festgelegten Zeitpunkt gibt es dafür nicht - als Richtwert empfehlen wir, sich erstmal 9 bis 12 Monate Zeit zu nehmen, einander kennen zu lernen. Freimaurerei bedeutet eine Bruderschaft für das ganze Leben; der Beitritt sollte also gut überlegt sein.
Die Bürgschaft
Sobald Sie Ihren Entschluss gefasst haben, erwählen Sie sich aus dem Kreis der Brüder einen Bürgen. Der Bürge ist ein Freimaurer-Meister, der den Interessenten (wir sagen „Suchenden“) auf das Aufnahmeritual vorbereitet und danach durch die Lehrlings- und Gesellenzeit begleitet, bis dieser selbst zum Meister erhoben wird. Bis dahin leitet er ihn in den Gebräuchen der Freimaurer an und vertritt seine Interessen gegenüber der übrigen Bruderschaft. Es handelt sich also um ein tiefergehendes Vertrauensverhältnis und nur Sie können einschätzen, welcher Bruder dafür auf der richtigen Wellenlänge mit Ihnen ist.
Sie können Ihren Wunsch-Kandidaten formlos auf dem Augusta-Abend ansprechen. Sollte er Ihnen die nötige Zeit und Kraft für diese Aufgabe widmen können, wird er gerne zusagen. Anschließend sollten Sie erste private Treffen verabreden, auf denen Ihr Bürge Sie u.a. durch den vereinsrechtlichen Papierkram lotst.
Der Prüfstein
Zu gegebener Zeit wird Ihr Bürge Sie dann zusammen mit einem Bruder aufsuchen wollen, der das Logenamt des II. Aufsehers trägt. Er ist der Bruderschaft gegenüber verpflichtet, für die „äußere Sicherheit“ zu sorgen - in diesem Fall bedeutet das, dass er Ihre aufrechten Beweggründe ausloten soll. Bei diesem „Gabeltest“ erhält ggf. auch die Lebenspartnerin des Suchenden die Gelegenheit, Brüder kennenzulernen und auszufragen.
Bei einer folgenden Versammlung der Bruderschaft werden der Bürge als Ihr Fürsprecher sowie der II. Aufseher dann schildern, inwieweit sie in Ihnen einen freien Mann von gutem Rufe erkennen – bedenken Sie, dass Sie nur einem kleinen Teil der Brüder von den Augusta-Abenden her bekannt sein werden. Der Höhepunkt ist schließlich die „Kugelung“ bzw. „Ballotage“, eine historische Zeremonie, bei der geheim und direktdemokratisch über die Suchenden abgestimmt wird. Fällt sie wohlwollend aus, steht Ihrer Aufnahme in den ehrwürdigen Bund der Freimaurer nichts mehr im Wege: Ihr Bürge wird Sie dann auf den Einweihungsritus vorbereiten.